Wohin steuert Europa?

Wirtschaftsgymnasiasten der Robert-Franck-Schule im intensiven Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger.

v.l.n.r.: Schulleiter Wolfgang Ulshöfer, Schülermoderator Felix Stillhammer, Schülermoderatorin Romy Wolf und Bundestagsabgeordneter Steffen Bilger

v.l.n.r.: Podiumsdiskussion mit Schülermoderator Felix Stillhammer, Bundestagsabgeordneter Steffen Bilger, Schülermoderatorin Romy Wolf und Lehrerin Melanie Weigelt

Podiumsdiskussion am Europaprojekttag mit dem Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger und Schülern des Wirtschaftsgymnasiums der Robert-Franck-Schule

Es ist eine gute Tradition an der Robert-Franck-Schule, dass Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums am bundesweiten Europaprojekttag gut vorbereitete Fragen an Landes-, Bundes- und Europapolitiker zur Zukunft von Europa richten. In diesem Jahr nahm der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Steffen Bilger an der Podiumsdiskussion teil.

In seinen Eingangsworten betonte Schulleiter Wolfgang Ulshöfer: „Europa ist in den letzten Jahrzehnten oftmals zu einer wenig geschätzten Selbstverständlichkeit geworden. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Bedrohung unserer freiheitlichen Werte durch den furchtbaren Krieg Russlands gegen die Ukraine gilt umso mehr: Wir brauchen heute ein starkes, vereintes und nach außen geschlossen auftretendes Europa nötiger denn je.“

Für die folgende Podiumsdiskussion hatten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 des Wirtschaftsgymnasiums im Vorfeld mit ihren Gemeinschaftskundelehrern auch persönliche Fragen vorbereitet, die die Schülermentoren einbrachten. „Wie kamen Sie eigentlich zur Politik?“ interessierte sich Felix Stillhammer. Bilger erinnert sich, dass er bereits in jungen Jahren in der Politik etwas bewegen wollte und deshalb in der Jungen Union aktiv wurde. Insgesamt fasziniert ihn in der Politik das Privileg sehr unabhängig und nur seinem Gewissen verantwortlich zu sein. Dennoch betont er, dass er auch einen eigenen Beruf als Rechtsanwalt hat. Auf die Frage von Romy Wolf, ob er denn gerne Bundeskanzler wäre, antwortet Bilger, dass er grundsätzlich keine Verantwortung scheut, aber in seiner jetzigen familiären Situation dieses Amt aus zeitlichen Gründen nicht ausüben möchte.

Die größte Herausforderung unserer Zeit sieht Bilger in der Ballung von Krisen. Dies schlägt sich auch darin nieder, dass in aktuellen Umfragen eine Mehrheit in Deutschland die Zukunft eher negativ einschätzt. Kritisch hinterfragt Felix Stillhammer, ob der Name der CDU noch zur Partei passt und die CDU nicht eher zu einer „Rentnerpartei“ wird, die langfristig Wähler verliert. Bilger entgegnet dem Schüler, dass er selbst Christ ist und die CDU nach wie vor christliche Grundsätze verfolgt und eine werteorientierte Politik umsetzt. Zudem gibt es keine Partei, in der sich so viele junge Menschen engagieren. In diesem Zusammenhang räumt er ein, dass seine Partei noch Spielraum nach oben in der Gewinnung von jungen Wählern hat. Auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland blickt Bilger mit Sorge. Wirtschaftlich ist Deutschland das Schlusslicht in Europa. Die Zusammenarbeit mit Frankreich funktioniert überhaupt nicht. Insgesamt wird zu viel um Geld gefeilscht und es gibt zu wenig Verbindendes. Von der EU als gemeinsames Friedensprojekt ist aktuell wenig zu spüren. Als größte Herausforderungen für Deutschland und die EU sieht Bilger die Migrations- und Klimapolitik sowie die militärische Bedrohung und die mangelnde Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Früher wäre es beispielsweise unvorstellbar gewesen, dass Stihl in der Schweiz günstiger als in Ludwigsburg produziert. In Bezug auf die Energiepolitik räumt Bilger ein, dass die CDU – wie andere Parteien – zu naiv war, was die Abhängigkeit von russischem Gas betrifft. Jetzt müsse man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, um nicht in weitere Abhängigkeiten von China zu geraten. Romy Wolf fragt nach: „Sehen Sie die Demokratie in Deutschland gefährdet?“ Mit einem eindeutigen „ja“ antwortet Bilger, und warnt vor vergleichbaren Entwicklungen wie in der Weimarer Republik. Klar äußert sich Bilger auch zur Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der Wahl zum EU-Parlament. „Mit 16 Jahren wählen und mit 18 Jahren Volljährigkeit – diese Zerstückelung passt einfach nicht!“ Im Verlauf der Diskussion konnte man feststellen, dass die Schüler und der Bundestagsabgeordnete durchaus unterschiedlicher Auffassung zur Bewertung von Äußerungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz sind. Zum Thema Vielfalt betont Bilger, dass auch viele Homosexuelle in der CDU aktiv sind und bei der anstehenden Kommunalwahl auch viele Kandidatinnen und Kandidaten mit Migrationshintergrund auf der Wählerliste der CDU stehen.

Insgesamt konnte in der kurzweiligen, offenen und fairen Podiumsdiskussion Steffen Bilger glaubwürdig und selbstkritisch belegen, dass er noch nah am Schüleralltag ist und unabhängig von den globalen Problemen der EU das Interesse und die Sensibilität für die Anliegen der Schülerinnen und Schüler nicht verloren hat.