Endlich wieder Live-Diskussionen am Europaprojekttag

Wirtschaftsgymnasiasten der Robert-Franck-Schule im intensiven Austausch mit dem Landtagsabgeordneten Tayfun Tok.

v.l.n.r.: Schulleiter Wolfgang Ulshöfer, Erster Landesbeamter Jürgen Vogt, Landtagsabgeordneter Tayfun Tok, Schülermoderator Luca Schollenberger, Abteilungsleiter Steffen Benz und Schülermoderator Timo Burkhardt

v.l.n.r.: Landtagsabgeordneter Tayfun Tok, Schülermoderator Luca Schollenberger, Abteilungsleiter Steffen Benz und Schülermoderator Timo Burkhardt

Es ist eine gute Tradition an der Robert-Franck-Schule, dass Schülerinnen und Schüler am Wirtschaftsgymnasium am Europaprojekttag gut vorbereitete Fragen an Landes- und Europapolitiker zur Zukunft von Europa richten. Leider fand durch die Pandemie die letzte Veranstaltung im Jahr 2019 mit dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Rainer Wieland statt. In diesem Jahr hatte der Landtagsabgeordnete der Grünen, Tayfun Tok, ein Heimspiel. Vor 16 Jahren absolvierte er selbst als Schüler des Wirtschaftsgymnasiums sein Abitur an der Robert-Franck-Schule. Sehr groß war deshalb die Freude beim Schulleiter Wolfgang Ulshöfer, seinen ehemaligen Schüler zum Europaprojekttag begrüßen zu dürfen. „Vielleicht konnten wir bei ihm in seiner Schulzeit bei uns auch das Interesse für wirtschaftliche Zusammenhänge wecken“, so Ulshöfer, der ihn selbst als Lehrer im Profilfach Wirtschaft unterrichtete. Aktuell ist Tok nämlich auch Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus beim Landtag.

In seinen Eingangsworten betonte Ulshöfer: „Europa ist in den letzten Jahrzehnten oftmals zu einer wenig geschätzten Selbstverständlichkeit geworden. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Bedrohung unserer freiheitlichen Werte durch den furchtbaren Krieg Russlands gegen die Ukraine gilt umso mehr: Wir brauchen heute ein starkes, vereintes und nach außen geschlossen auftretendes Europa nötiger denn je.“ Im anschließenden Grußwort spricht der erste Landesbeamte Jürgen Vogt die Schülerinnen und Schüler direkt an. „Das Engagement junger Menschen für Europa ist sehr wichtig. Ihr könnt mitbestimmen, wie sich die EU in Zukunft entwickelt“, so Vogt.

Für die folgende Podiumsdiskussion hatten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 des Wirtschaftsgymnasiums im Vorfeld mit ihren Gemeinschaftskundelehrern Fragen vorbereitet, die die Schülermentoren einbrachten. „Wie kamen Sie eigentlich zur Politik?“ interessierte sich Luca Schollenberger. Nach einer kurzen Schilderung seines Werdegangs stellte Tok heraus, dass ihm die Grünen extrem sympathisch waren, weil sie keinen Unterschied im Hinblick auf Herkunft und Religion gemacht haben. In Bezug auf die Wirtschaftspolitik wirft er ein: „Sicher haben wir die weltbesten Autos und Maschinen gebaut. Aber die Länder um uns herum holen auf. Wir müssen, um an der Spitze zu bleiben unsere Hausaufgaben machen und Innovationen voranbringen.“ Timo Burkhardt gibt zu bedenken, dass die Grünen eigentlich gegen Aufrüstung seien und fragt deshalb: „Wie stehen Sie persönlich zu Waffenlieferungen an die Ukraine?“ Hierzu führt Tayfun Tok aus: „Putin möchte sein Einflussgebiet erweitern. Auch die Länder um die Ukraine herum haben davor Angst. Wir müssen die Ukraine unterstützen – auch mit Waffen – und unsere Werte verteidigen, zumal uns Putin nur ernst nimmt, wenn wir eine gewisse Stärke verkörpern.“ Auf die provokative Frage von Abteilungsleiter Steffen Benz, ob die Grünen nicht gerne auch noch von Frau Lambrecht das Verteidigungsministerium übernehmen würden, hielt sich Tok staatsmännisch zurück und betonte, dass er nicht in der Position sei, dies zu entscheiden.

Im Zusammenhang mit der Energiepolitik bedauerte Tok, dass nahezu alle ja zur Energiewende sagen und wenn das Windrad vor der Türe steht oder Lithium am Oberrhein abgebaut wird, sind auf einmal alle dagegen. Aus dem Plenum kam die Frage auf, mit welchen Sanktionen – wie im Falle Ungarns und Polens – auf Verstöße gegen EU-Werte zu reagieren sei. Hier spricht sich Tayfun Tok dafür aus, dass wir als Deutsche nicht mit erhobenem Zeigefinger kommen, sondern Maß und Mitte finden müssen, um auch diese Länder einzubinden und nicht zu verlieren. „Sonst reibt sich Putin die Hände, wenn diese Länder ausscheren.“ Wichtig ist mir, die Staaten nicht gleichzusetzen mit Personen. Deshalb müssen wir mittel- und langfristig denken und die Bevölkerung im Blick behalten und nicht die aktuell regierenden Autokraten“, so Tok. Als Antwort auf die zunehmenden rechtsextremen Tendenzen in Europa, wie z.B. Frankreich, empfiehlt Tayfun Tok: „Das Projekt Europäische Union muss sich neu erfinden. Wohlstands- und Aufstiegsversprechen müssen mit neuem Leben gefüllt werden. Wenn wir demokratisch sind, geht es uns nicht automatisch besser.“ In der sehr lebendig und fair geführten Diskussion zeigte sich Tayfun Tok als sehr nahbarer und sehr glaubwürdiger Politiker, der an die Schülerinnen und Schüler appelliert: „Ich glaube an die Jugend und möchte Euch ermutigen, Euch für euer Land und eure Interessen zu engagieren. Ich bin einer von Euch und kein abgehobener Politiker. Vor 16 Jahren war ich wie ihr Schüler an der Robert-Franck-Schule. Heute sitze ich im Landtag und kann wichtige Entscheidungen mitgestalten.“

Nach der kurzweiligen Podiumsdiskussion waren sich alle Schülerinnen und Schüler einig – gerne mehr davon.