1700 Jahre jüdisches Leben in 1700 Minuten

Vorzeigeprojekt an der Robert-Franck-Schule mit überregionaler Bedeutung.

Hochkarätig besetzt war die Rednerliste zur Auftaktveranstaltung des breit angelegten Projekttages an der Robert-Franck-Schule anlässlich des Jubiläums zur 1700-jährigen Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland und im Landkreis Ludwigsburg. Neben dem Landrat Dietmar Allgaier ließen es sich auch die Abteilungspräsidentin und Chefin aller Schulen im Regierungspräsidium Stuttgart, Frau Claudia Rugart, und der Leiter des PKC in Freudental nicht nehmen, persönliche und tiefgründige Grußworte zu sprechen. Per TEAMS zugeschaltet war auch der Regisseur des prämierten Films „Jung und jüdisch in Baden-Württemberg“, Willi Kubica, der als Absolvent der Filmakademie Ludwigsburg für seinen Film von Kultusministerin Theresa Schopper ausgezeichnet wurde.

In 27 Vollzeitklassen wurden in jeweils mindestens 90 Unterrichtsminuten methodisch unterschiedliche Aspekte beleuchtet: Von der Analyse ausgewählter Filme über eine Stolperstein-Tour durch Ludwigsburg bis zur Gestaltung einer Ausstellung sowie Vorbereitung einer Gedenkveranstaltung am PKC in Freudental reichte die Angebotspalette für die Schülerinnen und Schüler. Die Projektidee hatten Herr Volz vom PKC und der Schulleiter Wolfgang Ulshöfer bereits am 17. Juni bei einem gemeinsamen Treffen in Freudental. „Ich war bereits damals davon überzeugt, dass das Projekt bestens zur Schulkultur der Robert-Franck-Schule passt, die seit nunmehr 27 Jahren eine intensiv gelebte und erfolgreich praktizierte Schulpartnerschaft mit der Anne-Frank-Schule im Oberen Galiläa unterhält“, so Ulshöfer. Er betonte, dass Jüdinnen und Juden leider nach wie vor mit Vorurteilen und Stereotypen belegt sind, obwohl sie seit Jahrhunderten zu unserer Gesellschaft gehören. Ulshöfer macht zudem deutlich: „Ich persönlich sehe es als großes Glück an, dass sich nach den Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten Jugendliche beider Nationen unvoreingenommen, unbeschwert und freundschaftlich begegnen können und sich bei den Schüleraustauschen sowohl bei den Schülern als auch im Kollegium bleibende Freundschaften gebildet haben.“ Landrat Dietmar Allgaier weist auf den Anstieg antisemitischer Straftaten um 15 % in Deutschland hin und hebt die Aufklärungsaufgabe von Bildungseinrichtungen hervor. „Judentum darf nicht nur mit dem Nahostkonflikt in Verbindung gebracht werden. Jüdisches Leben muss im Alltag erlebbar gemacht werden“, so Landrat Allgaier, der auch auf die jahrzehntelangen engen Kontakte des Landkreises mit dem Oberen Galiläa hinweist und den Besuch einer israelischen Delegation Ende November ankündigt.

Die Abteilungspräsidentin Claudia Rugart betonte in Ihrer Ansprache: „Wir sind die jüdischen und nichtjüdischen Deutschen und die jüdischen und nichtjüdischen Migranten/innen. Wir sind alle ein Wir.“ Frau Rugart freut sich, dass sich trotz Ambivalenzen und der Wucht des Themas sowohl Schülerinnen und Schüler als auch das Kollegium der Robert-Franck-Schule diesem wichtigen Thema mit dem Ziel stellen, dem heutigen jüdischen Leben in Deutschland mehr Raum zu geben. Unter Hinweis auf die Rede des Bundespräsidenten zum Jubiläumsjahr hebt sie hervor, dass das Judentum entscheidend zum Aufbruch in die Moderne beigetragen hat. Für sie ist dieses Jahr sowohl ein Jahr des Feierns als auch ein Jahr des Gedenkens. Wichtig ist, dass in uns selbst etwas passiert, so Rugart, die zum Abschluss an das Publikum die hebräischen Worte „L’chaim“ – auf das Leben – richtet.

Der Leiter des PKC Freudental hebt hervor, warum es wichtig ist, das Anderssein wahrzunehmen. Für ihn ist Lernen über jüdisches Leben zugleich Demokratiebildung.

Im Anschluss an den offiziellen Teil hatten Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums die Gelegenheit mit dem Regisseur Willi Kubica über seinen Film „Jung und jüdisch in Baden-Württemberg“ zu diskutieren. Kubica zeigte sich sehr beeindruckt von den interessanten und auch kritischen Schülerfragen.